„Dies domini“ – Der Tag des Herrn

„Dies domini“ –  Der Tag des Herrn

Vor einigen Jahren hat Papst Johannes Paul II ein Schreiben zur Heiligung des Sonntags verfasst. Es trug den Titel „Dies Domini“ – auf Deutsch „der Tag des Herrn“. Hier bekommen wir wertvolle Impulse aus dem Glauben auch und gerade in der heutigen Zeit, in der coronabedingt von der Mitfeier der Sonntagsmesse durch die Bischöfe dispensiert wird oder Kirche für viele nur noch am Bildschirm erfahren wird.
Unser früherer inzwischen heilig gesprochener Papst stellt heraus, dass der Sonntag für uns Christen in erster Linie der Tag der Auferstehung Jesu ist. Diesen österlichen Tag dürfe man nicht nur unter dem Aspekt des „Wochenendes“ und der Freizeitgestaltung sehen. Die Gestaltung der Freizeit ist nichts Schlechtes, aber wer den Sonntag nur unter dem Aspekt Freizeit sieht, kann der Gefahr einer Horizontverengung auf das rein Irdische unterliegen. Das Bewusstsein für Gott, das Ewige, das Übernatürliche und die aus diesem Bewusstsein entspringenden Werte können verloren gehen. Dass scheinbar vielerorts der Wert der körperlichen Gesundheit über die Tugend des Vertrauens in Gott gestellt wird, ist eine Folge davon.
Der hl. Papst Johannes Paul II hebt sieben Aspekte des Sonntags hervor:

Der Sonntag ist das Herz des christlichen Lebens. Christsein bedeutet, gemäß dem Sonntag zu leben. Die Gottesdienstfeier am Sonntag darf nicht nur ein Randphänomen, sondern muß Mittelpunkt unseres Wochenrhythmus sein. Die Urchristen haben in der Zeit der Verfolgung unter Lebensgefahr ihren Anklägern geantwortet: „Ohne die Feier des Sonntags können wir nicht leben“

Der Sonntag ist der Tag der neuen Schöpfung. Durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten ist auch die Schöpfung neu geworden. Die Sackgasse des Todes ist durchbrochen, das Leben bekommt ein Ziel und eine Perspektive aus der Ewigkeit. In dieses Ziel ist die gesamte Schöpfung einbezogen sowie alle, die durch Glaube und Taufe an Christus Anteil gewonnen haben. Dieses Aufleuchten der Erlösung und der Ewigkeit in unserem Bewußtsein geschieht durch die bewusste Mitfeier des Sonntags.

Der Sonntag ist der „Tag der Ruhe des Schöpfers“. Hier greift Papst Johannes Paul II. auf das alttestamentliche Bild zurück, dass der Herr nach dem Schöpfungswerk am siebten Tag ruhte. An diesem Zur-Ruhe-Kommen soll der Mensch teilhaben. Bei allem Streß und aller Hektik, die wir haben, ist es geradezu lebensnotwendig, Oasen der Ruhe zu finden. Am Sonntag dürfen wir durch die Vereinigung mit der Ruhe des Schöpfers zu neuer geistigen und spirituellen Kraft kommen. In esoterischen und fernöstlichen spirituellen Kreisen wird die Ruhe und Meditation als spirituelle Kraftquelle ausdrücklich gesucht. Wir Christen haben in der bewussten und religiös gepflegten Sonntagsruhe eine spirituelle Kraft, die wir großteils brachliegen lassen und die wir erst wieder neu entdecken müssen. Dieser Tag der Ruhe gründet im Religiösen, ist aber genauso ein Menschenrecht, das in der Würde des Geschöpfes begründet liegt. Auch wirtschaftliche Interessen müssen hier untergeordnet bleiben.

Der Sonntag ist ein heiliger Tag. Gott hat u.a. durch das dritte Gebot diesen Tag zu seinem heiligen Tag erklärt. Durch die bewusste Feier des Sonntags wird die Heiligkeit Gottes spürbar und erfahrbar.
Haben wir uns noch das Gespür für das Heilige bewahrt?
Oder ist uns alles gleichgültig, banal und irdisch geworden?
Wissen wir noch, dass alle Heiligkeit ihren Ursprung in Gott selbst hat?
Unsere Berufung zur Heiligkeit in der Taufe heißt am Leben Gottes Anteil zu gewinnen! Die Feier des Sonntags kann und soll uns dies immer wieder deutlich machen.

Der Sonntag ist der Tag der Gemeinschaft. Christsein bedeutet eingebunden sein in die Gemeinschaft derer, die am Ewigen Leben teilhaben dürfen. Deshalb kann man nur in der Gemeinschaft Christ sein. Am Sonntag trifft sich die Gemeinschaft der Erlösten, um Christus, unseren Herrn, zu feiern. Wenn Christus uns versprochen hat „Ich bin bei euch bis zum Ende dieser Welt“, dann gilt dies in erster Linie für seine Anwesenheit in der heiligen Eucharistie. Hier versammeln wir uns um unseren auferstandenen Herrn, feiern die Erlösung, die er uns geschenkt hat, und dürfen ihn in der heiligen Kommunion empfangen. Im Wald und in der freien Natur kann man vielleicht die „Fingerabdrücke Gottes“ entdecken, wie große Theologen geschrieben haben, die konkrete Gemeinschaft mit Gott und denjenigen, die von ihm erlöst worden sind, findet man aber nur im Gottesdienst.

Der Sonntag ist der Tag der Freude. Sämtliche oberflächlichen Vergnügungen lassen eine innere Leere zurück. Die Feier der Erlösung, wenn sie bewusst vollzogen wird, erfüllt uns dagegen innerlich und hinterläßt in uns eine tiefgehende Freude. Wir müssen darauf achten, daß der Sonntag nicht zu einem Tag der Gereiztheit und des Streites verkommt, weil „böse Familienmitglieder“ mal wieder nicht der Tradition des „Kirchgehens“ nachkommen, sondern daß wir von der Freude des Sonntags erfüllt werden und diese dann ohne viele Worte nach außen ausstrahlen. Auch Hektik und Stress sollte man im Zusammenhang mit dem Kirchgang vermeiden.

Der Sonntag ist der Tag der Solidarität. Im Stress der normalen Wochentage haben wir kaum Zeit, um uns der Mitmenschen und Familienmitglieder richtig anzunehmen, die einsam, traurig oder krank sind. Hier soll der Sonntag ganz bewusst genutzt werden, um das Gebot Christi zu erfüllen: „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“

Sie sehen an diesen Impulsen, wie wichtig für unser Christsein der Sonntag ist. Der Reichtum einer gelebten christlichen Sonntagskultur kann jederzeit neu entdeckt werden. Wer sich darauf einlässt, den wird Gottes Segen mit Sicherheit begleiten.

Ihr Pfarrer Stephan Spiegel