Betrachtung zum Gnadenbild Maria Hilf in Täfertingen

Bild: Ingeborg Sumser

Das Gnadenbild Maria Hilf in der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Täfertingen ist eine Kostbarkeit und fast 600 Jahre alt. Für die Einheimischen unter uns wohl vertraut, so alltäglich, dass wir es vielleicht oft nur flüchtig wahrnehmen. Ich lade Sie ein, das Bildnis mit offenem Herzen neu zu entdecken und neu lieben zu lernen. Wie heißt es so schön, „Man sieht nur mit dem Herzen gut!

Wir sehen Maria sitzend als junge Frau und Mutter mit ihrem Kind. Sie ist kostbar gekleidet. Eine Frau aus dem Volke und doch ausgestattet mit königlicher Würde – Krone, Szepter – so hat sie der Künstler geschaffen.

Ihr Gewand, mit edlem Faltenwurf, trägt die Farben rot, blau und Gold.

Blau und Gold weisen auf den Himmel, und rot ist die Farbe des Heiligen Geistes, wie er sich am Pfingsttag auf die Jünger und Maria herabließ im Sturm der feurigen Flammen. Zugleich ist rot die Farbe des Lebens, des Blutes und der Liebe.

Liebe und Zuneigung prägen die Skulptur.

Der Jesusknabe, sitzend auf dem Schoß seiner Mutter, blickt konzentriert auf uns. Er findet Halt bei seiner Mutter und wendet sich ganz dem Betrachter zu.

Maria blickt uns an in stiller Freundlichkeit und Milde, so wie es in einem Marienlied heißt: „wende, o heilige Mittlerin du, deine barmherzigen Augen uns zu!“

Ihre Augen sprechen Bände.

Wie nachdenklich und wie liebevoll schauen deine Augen, Maria.

Sie sehen die Menschen vieler Jahrhunderte, die Suchenden und Vertrauenden, die Dankbaren und Verzweifelten. Sie alle kamen und kommen noch heute zu dir,

Deine Augen – sie schauen aus der Tiefe der Erfahrung mit Gott. Du hast die Worte deines Sohnes im Herzen bewahrt. Getragen hast du auch die tiefgreifende Angst um deinen Sohn, die Frage um seine Zukunft, sein Schicksal. Große und ungelöste Geheimnisse standen vor deinem bangenden Herzen.

Deine sinnenden Augen erinnern auch an die Hochzeit zu Kana, als dein Sohn herb fragte: „Frau, was ist zwischen dir und mir? – Meine Stunde ist noch nicht gekommen!“ (Joh 2,4)

Die Stunde deines Sohnes war die Stunde seines Todes am Kreuz. Und dieses Kreuz hast du vorher getragen. Du warst immer neu bereit, fragend zu schweigen und schweigend zu lieben – bis unter das Kreuz.

Deine Augen – sie schauen in die Tiefe der Erfahrung aller Menschen. Du weißt um die Freude, die den Menschen beglückt, der sich geliebt weiß. Du kennst die Not der ungelösten Probleme im Leben eines jeden, die bedrängende Ohnmacht in hartem Leid, die schreit: Warum?

Du hast alles erlitten. Darum kannst du verstehen, was die Menschen zu jeder Zeit bewegt.

Deine barmherzigen Augen schauen zu uns.

Du kennst unsere Nöte und Sorgen, in der Familie, im Beruf, in der Gesellschaft, im Glauben und in der Kirche.

Du weißt um unsere Sehnsucht nach Liebe und Anerkennung.

Du leidest mit, wenn Krankheit und Tod über uns kommen.

Du weinst alle Tränen mit.

Alle Mütter schauen aus deinen Augen.

Aber auch alle Hoffnung und Freude strahlen aus deinem Innern.

Deine barmherzigen Augen warten auf unser Herz.

Ingeborg Sumser