In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wuchs die Bevölkerung in Steppach auf über 5000, davon waren circa 3000 katholisch. Um 1980 wurde ein größerer Platzbedarf für die wachsende Pfarrgemeinde wahrgenommen. Pfarrer Alfons Klotz nahm 1981 den Neubau mit bewundernswerter Energie in Angriff. Die Weihe der modernen, lichten Kirche fand am 31. Juli 1983 durch Bischof Dr. Josef Stimpfle statt. Beachtenswert sind der Tabernakel mit vier vergoldeten, kunstvollen Flügeln und eine Plastik des Kirchenpatrons, des Erzengels Raphael am Kircheneingang, die inzwischen auch als Opferstock verwendet wird. Im Jahr 2001 wurde der Anbau, die Kapelle „Christi Auferstehung“ eingeweiht. Sehenswert ist hier das Bild des Auferstandenen von Christofer Kochs. (Text: Helmut Hillenbrand)
Hier die Schilderungen von Johann Krist über die Entstehung der Kirche St. Raphael:
Eine neue Kirche entsteht
Die alte Dorfkirche St. Gallus war bei damals ca. 2 000 Katholiken fast immer zu klein, so dass der damalige Pfarrer Alois Hurter mit seiner Kirchenverwaltung im Jahre 1966 das Grundstück des Bauern Fischer (Angerbauer) zwischen Kobel- und Konrad-Kopp-Straße zum Preis von DM 53,- pro qm kaufte, um hier eine neue Kirche zu errichten.
Durch die bereits vorhandene Schule und einen geplanten Supermarkt (Markant) sollte ein neues Ortszentrum entstehen. Durch ein Konjunkturprogramm der Bundesregierung konnte bereits 1975 bei einer Bauzeit von nur einem Jahr ein neuer Kindergarten auf diesem Grundstück eingeweiht werden.
Nach einer längeren Verschnaufpause sollte nun auch der Bau einer neuen Kirche mit Pfarrzentrum angegangen werden.
Schon zu Pfarrer Hurters Zeiten war der Name St. Raphael angedacht. Er würde gut zu den Nachbarpfarreien St. Gabriel in Deuringen und St. Michael in Pfersee passen. Über Nacht, der Rohbau war weit fortgeschritten, wurde die Namensgebung neu aufgerollt. Einige konnten sich auch eine Kirche mit dem Namen „Maria und Martha“ gut vorstellen. Die Steppacher waren aber schon so auf St. Raphael abgefahren, dass nach einer Abstimmung die große Mehrheit beim ursprünglichen Namen blieb. Noch dazu war eine neue Apotheke am Dreieck auch schon auf den Namen St. Raphael getauft.
Die Verwirklichung der Neubaupläne gestaltete sich anfangs schwierig. Die vom Architekten des Kindergartens vorgelegten Entwürfe fanden nicht die Zustimmung der erweiterten Kirchenverwaltung. Nach mehreren Gesprächen mit dem bischöflichen Ordinariat, das im Wesentlichen die Finanzierung übernahm, konnte dieses überzeugt werden, einen Planungswettbewerb auszuschreiben, so dass die Kirchenverwaltung die Möglichkeit hatte, aus mehreren Entwürfen den zweckmäßigsten auszuwählen. Unter 5 oder 6 eingereichten Planungen erschien dann die ausgeführte Lösung der Architekten Rubner und Gerum am sinnvollsten.
Mit dem vom Ordinariat vorgeschlagenen Künstler, Herrn Grübel aus der Ammerseegegend, wurde dann die Planung der künstlerischen Ausgestaltung des Inneren der Kirche angegangen. Allen war bewusst, dass sich die Gemeinde vorerst nur das unbedingt Notwendige leisten konnte, und dass die Gesamtausstattung aus finanziellen Gründen wahrscheinlich auf mehrere Generationen verteilt werden muss.
In Auftrag zu geben waren der Altar, der Tabernakel, der Ambo und der Taufstein, da diese zur Einweihung notwendig waren. Mehrere Modelle im Atelier des Künstlers wurden begutachtet, das vorgesehene Material ausgewählt und dem Auftrag zugestimmt.
Nach den Vorstellungen des Künstlers könnte die Innenausstattung von St. Raphael so gestaltet werden:
Der Tabernakel sollte im Mittelpunkt liegen, links war der Taufstein vorgesehen. Von dort beginnend sollte an der Wand bis in die holzverkleidete Schräge hinein pastellfarben die Erschaffung der Welt bis zur Geburt Christi als Mittelpunkt im Tabernakel und weiter das Leben Christi bis zur Auferstehung als Wanddeckengemälde dargestellt werden. Als Höhepunkt war ein farbiges Glasfenster mit Auferstehungsmerkmalen über dem Beichtstuhl angedacht. Die notwendigen Kreuzwegstationen bez. die Apostel sollten als Stelen vor der umlaufenden Außenwand aufgestellt werden. Die angedachten Engelflügel um den Tabernakel wurden durch den Künstler überraschend aufgebaut und verursachten heftige Diskussionen. Nach einigen Erläuterungen durch Fachleute und sinngebenden Prdigten hatte sich danach die Stimmung unter dem Kirchenvolk auch wieder beruhigt.
An der Säule am Haupteingang könnte ein großer Engel Raphael als Patron die Entretenden grüßen…
Ob von den Ideen des Künstlers etwas übrig bleibt, ist zu bezweifeln. Wahrscheinlich werden andere Generationen andere Ideen haben.
Zur Erläuterung seiner Ideen wurde vom Künstler ein Modell der Kirche gefertigt, in welchem auch der Innenraum detailliert dargestellt war. Störend empfanden alle Beteiligten die angeblich notwendigen Verspannungen der Innenstützen mit Stahlstangen. Bei rechtzeitiger Beachtung hätten diese sicher vermieden werden können. Beim damaligen Baustand war aber eine Änderung leider nicht mehr möglich.
Es muss um Weihnachten 1980 gewesen sein, als Pfarrer Klotz sich mit den Neubauplänen beschäftigte und über die Größe der Baumaßnahme erhebliche Zweifel bekam. Gleich zu Jahresanfang wurde eine Sondersitzung einberufen, in der er erläuterte, warum er der Ansicht war, dass die Raumplanung zu groß ausgefallen sei und die geplanten Räume vielleicht nicht mit Leben erfüllt werden könnten.
Da alle bisherigen pfarrlichen Veranstaltungen im Gymnastikraum des Kindergartens durchgeführt wurden und meist ausreichend Platz vorhanden war, konnten die Bedenken von Pfarrer Klotz nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Erfahrungen mit kirchlichen Veranstaltungen außerhalb von Gottesdiensten fehlten, und so konnte niemand verantworten, ein leeres Pfarrzentrum zu unterhalten. In Absprache mit dem Diözesanbauamt wurde deshalb der Architekt gebeten, die Größe des Pfarrzentrums auf eine verantwortbare Baumasse zu reduzieren. Bei diesen Gesprächen war auch der Finanzreferent der Diözese beteiligt. Als ihm die Pläne erläutert wurden, war er mit dem geplanten Orgelstandort links auf Altarebene nicht einverstanden, sondern forderte dringend den Einbau einer Orgelempore. Probleme mit fehlendem Platz und verdecktem Orgelprospekt ließ er nicht gelten. Aber auch hier galt: „Wer zahlt, schafft an.“ Was dabei herauskam, ist ja sichtbar und sicher auch nicht ganz glücklich.
Dass diese Abspeckung im nachhinein gesehen falsch war und der Pfarrsaal 20 Jahre später mit erheblichem Aufwand erweitert werden musste, konnte man damals nicht ahnen. Dank visionärer Geistlicher hat sich unsere Gemeinde zu eine blühenden Gemeinschaft entwickelt, in der sich viele mit unterschiedlichen Aktivitäten gerne einbringen, jeden Tag das Pfarrzentrum mit Leben erfüllen und so zum Zusammenhalt aller beitragen.